Rechtsvorbeifahren, Vaterschaftsurlaub und Sozialversicherungs- kennzahlen: Gesetzesänderungen 2021 im Überblick
In den folgenden Zeilen finden Sie eine Übersicht der Schweizer Gesetzesänderungen zu den Bereichen Sozialversicherungen, Strassenverkehrsregeln, Arbeitsrecht und Quellensteuer.
Weiterführende Details zu den Verordnungen und Bundesgesetzen entnehmen Sie bitte den verlinkten Dokumenten und Websites.
1. Sozialversicherungskennzahlen
Der Bundesrat passt per 1. Januar 2021 die AHV- und IV-Renten der aktuellen Preis- und Lohnentwicklung an. Die AHV/IV-Minimalrente steigt um CHF 10.–. Gleichzeitig werden im Beitragsbereich, bei den Ergänzungsleistungen und in der obligatorischen beruflichen Vorsorge Änderungen vorgenommen. So wird aufgrund des in der Volksabstimmung vom 27. September 2020 angenommenen entschädigten Vaterschaftsurlaubs der EO-Beitragssatz ab dem 1. Januar 2021 von 0,45 auf 0,5% erhöht.
Im folgenden Dokument finden Sie eine Übersicht der Sozialversicherungskennzahlen, gültig ab 1. Januar 2021: Kennzahlen 2021
Berufliche Vorsorge
Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrente an die Preisentwicklung: Auf den 1. Januar 2021 werden die seit 2017 ausgerichteten Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen zweiten Säule erstmals an die Preisentwicklung angepasst. Der Anpassungssatz beträgt 0,3 %. Die Ausführungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen finden Sie hier.
2. Neue Verkehrsregeln ab 2021
Am 1. Januar 2021 treten diverse neue Verkehrsregeln in Kraft, welche die Sicherheit erhöhen und den Verkehrsablauf flüssiger machen. Zudem gelten ab 2021 neue Führerausweisregelungen.
Motorisierter Verkehr
- Obligatorisches Reissverschlussprinzip bei Abbau von Fahrstreifen auf Autobahnen
- Obligatorische Bildung der Rettungsgasse bei Schrittgeschwindigkeit oder bei Stillstand auf Autobahnen
- Rechtsvorbeifahren an Fahrzeugen auf Autobahnen, wenn sich nur auf dem linken oder auf dem mittleren Fahrstreifen eine Kolonne gebildet hat, ist gestattet
- Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit für leichte Anhängerkombinationen von 80 km/h auf 100 km/h
Langsamverkehr
- Rechtsabbiegen bei Rot für Fahrradfahrende bei entsprechender Signalisation ist erlaubt
- Fahrradfahren auf Trottoirs für Kinder bis 12 Jahre gestattet, sofern kein Fahrradweg oder -streifen vorhanden ist
- Mögliches Einrichten von Fahrradstrassen in Tempo 30 Zonen
Ruhender Verkehr
Für den ruhenden Verkehr wird neu das Symbol «Ladestation» geschaffen. Damit können Abstellflächen bezeichnet werden, die über eine Ladestation für Elektrofahrzeuge verfügen.
Neue Führerausweisvorschriften
- Lernfahrten ab 17 Jahren
- Kein Direkteinstieg mehr in die unbeschränkte Kategorie A
Auf der Website des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) finden Sie ausführliche Erläuterungen zu den verschiedenen Gesetzesänderungen: ASTRA
3. Neuerungen im Arbeitsrecht
Per Januar 2021 kam es zu Gesetzesänderungen, welche sich deutlich auf das Arbeitsrecht und damit die einzelnen Arbeitsverhältnisse auswirken. Neben der Einführung des bereits bekannten zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubes treten verschiedene Bestimmungen in Kraft, welche die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung verbessern sollen. Bereits im November 2020 wurde die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz in relevanten Punkten ergänzt und präzisiert.
Vaterschaftsurlaub
Mit der Volksabstimmung vom 27. September 2020 hat das Schweizer Stimmvolk der Einführung eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubes und einer Änderung des Erwerbsersatzgesetzes zugestimmt. Die Änderungen treten per 1. Januar 2021 in Kraft. Im folgenden Dokument finden Sie die ausführliche Verordnung zum Erwerbsersatzgesetz
Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung
Arbeitnehmende haben Anspruch auf vom Arbeitgeber bezahlten Urlaub für die Betreuung von Familienmitgliedern oder Lebenspartnern (Art. 329h nOR). Als Familienmitglieder gelten Verwandte in auf- und absteigender Linie sowie Ehegatten, eingetragene Partner, Schwiegereltern und Lebenspartner bei Führung eines gemeinsamen Haushaltes seit mindestens fünf Jahren. Die Dauer des Urlaubes wird auf maximal drei Tage pro Ereignis und maximal zehn Tage pro Jahr begrenzt (Art. 36 Abs. 3 nArG). Hier finden Sie die ausführliche Verordnung, welche ab 1. Januar 2021 in Kraft tritt.
Betreuung eines wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes
Wenn das Kind eines Arbeitnehmenden wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist, hat dieser neu Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von höchstens 14 Wochen (Art. 329i nOR). Die gesundheitliche Beeinträchtigung kann je nach Alter des Kindes als schwerer oder weniger schwer beurteilt werden, weshalb die Definition im Erwerbsersatzgesetz hauptsächlich von Bagatellkrankheiten oder leichten Unfallfolgen abgrenzen soll. Die Verordnung tritt am 01. Juli 2021 in Kraft. Details zum Bundesgesetz finden Sie hier.
Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen
Bereits am 1. November 2020 sind Änderungen der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz in Kraft getreten, welche die bisherige Praxis betreffend Arbeits- und Ruhezeit präzisieren. Neu gilt, dass auf Schweizer Boden zurückgelegte Hin- und Rückfahrten im Rahmen von Dienstreisen ins Ausland vollständig als Arbeitszeit gelten (Art. 13 Abs. 3bis ArGV1). Analog zu Fahrten im Inland gilt jedoch nur die gegenüber der Fahrt zum gewöhnlichen Arbeitsort verursachte Zeitüberschreitung als Arbeitszeit. 5 Fahrten in der Nacht, an Sonntagen oder an gesetzlichen Feiertagen können bewilligungsfrei erfolgen. Allerdings handelt es sich dabei um reguläre Arbeitszeit, weshalb die Lohnzuschläge und Ruhezeiten sowie die Ersatzruhezeiten nach Arbeitsgesetz einzuhalten sind. Unklar ist, ob in jedem Fall unmittelbar nach Rückkehr die Ruhezeit von 11 Stunden zu gewähren ist. Die Verordnung stellt zudem klar, dass die Arbeitswoche zur Bestimmung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von Montag 00:00 bis Sonntag 24:00 Uhr läuft (Art. 16 Abs. 1 ArGV1).
Haben Sie konkrete Fragen zu den Neuerungen im Arbeitsrecht? oder möchten Sie diese Änderungen dazu nutzen, Ihre Personalreglement wieder einmal zu überarbeiten? Unser Netzwerkpartner Skapas (www.skapas.ch) steht Ihnen gerne zur Verfügung.
Reform Ergänzungsleistungen
Relevant ist per 1. Januar 2021 die damit zusammenhängende Aufnahme von Art. 47a nBVG, wonach versicherte Personen, die nach Vollendung ihres 58. Altersjahres aufgrund einer Kündigung durch den Arbeitgeber aus der Pensionskasse ausscheiden, die Versicherung gemäss Art. 47 BVG weiterführen oder andernfalls die Weiterführung bei ihrer bisherigen Vorsorgeeinrichtung verlangen können. Es gelten die gleichen Rechte wie für die anderen Versicherten betreffend Verzinsung, Umwandlungssatz sowie Rentenzahlung. Im Reglement der Vorsorgeeinrichtung kann diese Möglichkeit bereits ab dem vollendeten 55. Altersjahr vorgesehen werden (Art. 47a Abs. 7 nBVG). Sodann wurde in Art. 20 Covid-19-Gesetz eine Übergangsbestimmung zu Art. 47a nBVG aufgenommen. Damit können über 58-jährige Versicherte, die bereits nach dem 31. Juli 2020 einen unfreiwilligen Arbeitsplatzverlust erlitten, die Weiterführung ihrer Versicherung ab dem 1. Januar 2021 beantragen.
4. Revision der Quellenbesteuerung ab 1.1.2021
Das am 16. Dezember 2016 verabschiedete Bundesgesetz über die Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens tritt zusammen mit mehreren darauf basierenden Verordnungsänderungen am 1. Januar 2021 in Kraft. Das hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 11. April 2018 beschlossen. Damit erhalten die Kantone und die Wirtschaft genügend Zeit, um die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Weitere Ausführungen zur Gesetzesänderung lesen Sie in der Medienmitteilung des Bundesrates vom 11.04.2018.